Jahreshighlights der Filmredaktion 2014
Das heurige Filmjahr ist vorbei, unsere Jahrescharts sind veröffentlicht und der Sekt (auch deswegen) schon kaltgestellt. Was fehlt: Der traditionelle Rückblick unserer Filmkritiker auf die interessantesten Veröffentlichungen von 2014.
Chris
Das war rückblickend betrachtet ein absolut hervorragendes Filmjahr: Einige große Blockbuster waren weniger peinlich als befürchtet, mehrere vorprogrammierte “Na wenn nix anderes läuft”-Werke konnten überzeugen und viele Sleeper-Hits von jungen und/oder recht unbekannten Regisseuren beeindrucken noch immer. So findet sich die Fortsetzung der eher banal-belanglosen Captain America-Verfilmung, Return of the First Avenger, in meiner persönlichen Highlights-Liste, was doch überraschend kam. Aber: Nette Story, zügig erzählt mit gut aufgelegten Schauspielern und unterstrichen mithilfe einiger grandioser Actionsequenzen – eine gern gesehene Abwechslung im Superhelden-Genre. Actionfilme wie The Raid 2 und Edge of Tomorrow waren ebenfalls hochqualitativer in Sachen narrativem Inhalt als angenommen, schauspielerisch dürften ja auch die Hauptdarsteller beider Werke ebenfalls ziemlich motiviert gewesen sein. Das eigentlich vorab als komplett unnötig angesehene Remake von Robocop war doch recht wertvoll: Zwar weniger bissige Satire, dennoch konnte hier auf Basis einer unerreichbaren Vorlage etwas Neues und zugleich Überzeugendes geschaffen werden. Subtilität und Sci-Fi war in den heurigen Pflichtfilmen Her und Under the Skin vorzufinden – ebenso wie Scarlett Johansson, die in beiden auf unterschiedliche Art beweist, von welchem Kaliber sie ist. Der Ausrutscher Lucy ist so schnell wieder vergeben. Aber auch ältere Herrschaften haben – verdient – wieder Aufmerksamkeit und Begeisterung hervorgerufen: Michael Keaton im fantastisch gespielten und visuell wunderbar umgesetzten Theaterdrama Birdman, Robert Redford in seinem neuen Meisterstück All is Lost und der immer unterschätzte Bruce Dern im unterhaltsamen Roadmovie-Familiendrama-Hybrid Nebraska. Das Beste kommt oft zum Schluss, hier in Form von Psychopathen und Psychosen: Was das filmische Trio Whiplash, Nightcrawler und Gone Girl hervorrufen konnte, lässt sich mitunter schwer in Worte fassen. Im düsteren Nightcrawler war die Faszination an der getriebene Hauptfigur mindestens ebenso groß wie die Schweißabdrücke im Kinosessel nach dem 107 minütigen Adrenalin-Schub namens Whiplash, während die Suche nach Motiven, einem weiteren möglichen Filmverlauf sowie die dabei aufkommende ständige Irreleitung bei Gone Girl ihr übriges zu meiner Begeisterung beitrug.
Marco
In diesem Jahr war wirklich für jeden Geschmack was dabei. Angefangen von überraschend gelungenen, groß angelegten Actionfilmen wie Return of the First Avenger und Edge of Tomorrow, bis hin zu dem – sowohl in filmischer Hinsicht, als auch was die Actionszenen betrifft – schlichtweg beeindruckendem The Raid 2. Mit Gone Girl und Nightcrawler kamen zudem zwei unfassbar dichte, atmosphärische Thriller ins Kino, die beide ungemein bedrohliche und faszinierende Psychopathen in ihr Zentrum rückten und damit knapp an einem Charakterdrama vorbei schrammen. Whiplash war zweifellos der Beste Festival-Film des Jahres (offizieller Kinostart ist bei uns ja erst 2015!) und zugleich ein mitreißendes Drama von ungeahnter Wucht. Mit Her hat Spike Jonze nicht nur bewiesen, dass er ein Händchen für das Sci-Fi Genre hat, sondern sich gleichzeitig auch als talentierter Drehbuchautor (abseits seines grandiosen Regiestils) etabliert. Kleiner und unscheinbarer war da schon Kelly Reichardts Öko-Drama Night Moves, der gerade durch seine Ruhe und langsame, unaufgeregte Erzählung punktet und dadurch eine fast dokumentarische Wirkung erlangt. Die zwei absoluten Highlights waren die Alexander Payne Tragödie Nebraska (vor allem dank dem wirklich fantastischen Drehbuch von Bob Nelson!) und No Turning Back (vor allem dank dem fesselnden Schauspiel von Tom Hardy). Der erste eine brillante Mischung aus Road-Movie, Drama und Komödie, der komplett auf Kitsch und Klischees verzichtet. Der zweite ein, gerade durch seine Einfachheit und Alltäglichkeit der Situation umso involvierenderes und erschreckenderes Bild des „modernen Menschen“, unglaublich spannend inszeniert und gespielt.
Axel
2014 stand für mich im Zeichen des Horrorfilms – so gab es die große Retrospektive Land of the Dead des Filmmuseums, das viel gutes aus den 80er Jahren brachte, jedoch stach Long Weekend heraus – zumal es einer der wenigen Filme ist die hierzulande wohl nicht jedem Genre-Fan bekannt sein sollten. Auch das /slash Filmfestival musste sich dieses Jahr wieder mal nicht verstecken und war für Überraschungen gut. So war Honeymoon auf die positivste Weise gar nicht was ich mir erwartet hätte. Im Gegenzug befriedigte What we do in the Shadows mit seinem Neuseeländischen Humor wunderbar den Hype. Für mich war das Goldstück des /slash – und auch mein persönlicher Horrorfilm des Jahres – Starry Eyes, rund um die dunkle Seite Hollywoods mit genau der richtigen stilistischen Ausrichtung auf die Filmkunst der 80er, von Thema und Musik bis hin zum Poster. Das Thema Hollywood griff dieses Jahr auch David Cronenberg mit Maps to the stars sehr erfolgreich und doch eigentümlich auf. Andere positive Erinnerungen hinterließen Terry Gilliams The Zero Theorem und die lakonische Dramödie Calvary (Am Sonntag bist du tot). Alles in Allem ein gutes Jahr.
Bianca
Auf meiner persönlichen Chartliste für das Jahr 2014 finden sich Filme, die umso besser werden, je länger man über sie nachdenkt. Allen voran haben die beiden subtilen Dramen Die unerschütterliche Liebe der Suzanne und Die Wolken von Sils Maria eine extra Rundfahrt in meinem Kopf bestellt. Beide sind langsame Dramen, die ihre Charaktere mit hohen Sympathiewerten ausstatten und hervorragend inszeniert sind. Die beiden anderen Chartstürmer winken den Zusehern aus einer vergangen Zeit zu. Die geliebten Schwestern senden gemeinsam mit Friedrich Schiller romantische Grüße aus dem späten 18. Jahrhundert und überzeugten mich mit der richtigen Portion Theatralik und eindrucksvollen Charakteren. Die Vampirkomödie Der Vampir auf der Couch hingegen zeigt sich im Gewand der 1930er Jahre und sendet blutige Grüße aus Wien. Die Komödie glänzt mit den richtigen Klischees des Gruselgenres, Sigmund Freud und morbiden Wiener Touch.
Brigitte
Die filmische Überraschung des vergangenen Jahres war für mich eindeutig der österreichische Alpen-Western Das finstere Tal. Wer hätte gedacht, dass ein österreichisches Filmteam weit abseits der üblichen Filme über den Zweiten Weltkrieg einen derart großartigen und in sich stimmigen Streifen produzieren kann. Daher ist für mich Das finstere Tal ganz eindeutig der beste Film der 2014 in den heimischen Kinos zu sehen war. Viele Jahre lang habe ich mich auf den zweiten Sin City-Teil gefreut. Als der Film dann heuer endlich in die Kinos kam, war ich vom Ergebnis dann leider doch etwas enttäuscht. Aber obwohl Sin City 2 mit seinem Vorgänger nicht mithalten kann, bin und bleibe ich trotzdem ein Fan der einmaligen Filmästhetik, die Robert Rodriguez für diese Filmserie kreiert hat. Ebenfalls zu den filmischen Highlights des Jahres 2014 zählen für mich das Sklavendrama 12 Years a Slave und die Verfilmung der Lebensgeschichte des AIDS kranken Ron Woodroof in den 1980er – Dallas Buyers Club.
Christian
Das Kinojahr 2014 war gleich zu Beginn von zwei Eruptionen gekennzeichnet: Zuerst The Wolf of Wall Street; furioses Comeback von Martin Scorsese, nach mehreren cineastischen Experimenten seine Rückkehr zu alter Form. Statt des Mafia-Milieus: Jenes des Bankers, mit selbem Inhalt: Das Streben nach Geld, Koks, Nutten, mehr, mehr und immer mehr – eine Abart des American Dream – und die schlussendliche Enttarnung des „Dream“ als Dream. Die zweite Eruption: eine darstellerische, die von Matthew McConaughey in Dallas Buyers Club und seine endgültige Verabschiedung vom „sunny-boy-image“. Völlig zurecht: Der Oscar. Völlig zu Unrecht: Der Nicht-Oscar für Dallas Buyers Club als bester Film. Am Ende des Kinojahres: Der Hobbit: Die Schlacht der fünf Heere als exemplarisches Beispiel für die Implosion des Studiosystems Hollywood. Teurer CGI-Schwachsinn ohne Handlung. Wenn das so weitergeht, werden wohl noch weitere Regisseure ins US-Fernsehen abwandern.
Corinne
2015 klopft an die Tür und somit auch neue Filme. Aber noch ist es nicht so weit, also wird ein bisschen in Erinnerungen geschwelgt. DAS Highlight des sich neigenden Jahres war für mich das Action-Manifest The Raid 2, das dank einprägsamen Bildern bis zur letzten Sekunde fesselt. Ansonsten war es das Jahr der Literaturverfilmungen. Warum nach einer Geschichte suchen, wenn es doch schon das und das Werk gibt, das quasi danach schreit verfilmt zu werden? Das dachten sich auch Josh Boone, Sönke Wortmann und David Fincher. Die berührende Story von Das Schicksal ist ein mieser Verräter traf mitten ins Herz und drückte auf die Tränendrüse, vorausgesetzt man konnte über die Kitsch-Einwürfe hinwegsehen. Schoßgebete lieferte Seelenstrips der besonderen Art, ließ das Lachen nicht zu kurz kommen und zeigte außergewöhnliche Methoden um mit einem Trauma umzugehen. Und die Thrillergelüste wurden bei Gone Girl gestillt, indem gebannt auf den Bildschirm gestarrt wurde, während ein Schauer den nächsten den Rücken hinunter jagte. Ich bin gespannt, was das kommende Jahr filmisch ausspuckt.
Hanna
Aus den vielen Filmen einige wenige Favoriten auszuwählen, ist immer schwierig. Doch dieses Jahr ist die Liste kurz und knackig: Saving Mr. Banks – Nostalgie! Emma Thompson! Disney! Das Jahr startet gut mit dieser neuen Sichtweise auf einen Klassiker (Mary Poppins). Kurz darauf gefolgt von Her – noch nie wollte ich so sehr, dass Steve Jobs ein Kind mit Scarlett Johannson zeugt. Das sanfte Drama ist überzeugend und stimmt nachdenklich. Aus der lustigen Ecke kann Edge of Tomorrow mit einem launigen Tom Cruise absolut überzeugen – das Erlebnis eines jeden Videospielfans in Reinform gebracht. Einer der besten Filme dieses Jahres ist sicherlich Gone Girl – der mysteriöse Thriller mit Comedy-Potential, über den nicht zu viel verraten werden soll. Die Höchstleistung hat für mich dieses Jahr Nightcrawler gebracht. Jake Gyllenhaal ist kaum wiederzuerkennen, so gut spielt er seine Rolle und die Spannung steigt mit jeder Minute des Films!
Karin
Obwohl das Filmjahr 2014 ansonsten fast spurlos an mir vorübergegangen ist, gibt es doch auch das eine oder andere Highlight, das bei mir irgendwo zwischen Netzhaut und Hinterkopf hängengeblieben ist. Im Actionbereich ist das auf jeden Fall die Martial Arts Oper The Raid 2. Selten genug, dass ein Sequel dem Vorgänger wirklich noch eins drauf setzen kann, aber Gareth Evans hat es tatsächlich geschafft, dem Actiongeheimtipp The Raid einen mindestens ebenbürtigen zweiten Teil zur Seite zu stellen, der auch im Hinblick auf die schnelle Schlagabtauschverfolgung gut trainierte ZuschauerInnen noch ganz schön ins Schwitzen bringen und in dem Genre sicherlich neue Maßstäbe setzen konnte. Chapeau! Bei meinem zweiten Jahresfavoriten hält sich die Prügelei eher in Grenzen, auch wenn trotzdem genügend Blut im Spiel ist – hier aber als Grundnahrungsmittel der Protagonisten. Die Rede ist von der hinreißenden Vampirkomödie What We Do In The Shadows, die im Deutschen den unglücklichen Titel 5 Zimmer Küche Sarg verpasst bekommen hat. Wirklich gute Horrorkomödien sind ohnehin rar und bei dieser Mockumentary ist das Kunststück gelungen, mit einer Mischung aus liebenswert verschrobenen Charakteren, wohlplatzierten Genreverweisen und jeder Menge Augenzwinkern für zwerchfellerschütternde Unterhaltung zu sorgen. Bitte mehr davon!
Lida
Am Besten scheint mir immer das, was ich nicht gekriegt habe. Darum sind meine Favoriten allesamt verpasste Filmchancen, die ich unbedingt nachholen will! Fast zerbrechlich gezeichnet ist Hayao Miyazakis Die Legende von Prinzessin Kaguya, dessen Vorführung ich verpasst habe. Ganz ohne Pressscreening blieb The Babadook, der mit einem buchstäblichen Bilderbuch-Boogyman gruselt. Realen Horror dokumentiert Tales of the Grim Sleeper auf den Spuren des gleichnamigen kalifornischen Serienkillers. Ebenfalls von kühl-beobachtend, doch fiktiv ist der schwarz-weiß gehaltene Ida. Das karge polnische Drama war für manchen Zuschauer wohl so befremdend, wie es womöglich Cymbeline sein wird. Michael Almereydas ursprünglich für 2014 angekündigte Shakespeare-Adaption steht womöglich in der Favoriten-Liste von 2015, dann hoffentlich unter „gesehen“.
Sabrina
Meine Top Filme des Jahres 2014 bleiben bis auf eine kleine Änderung, jene der Halbjahrescharts. Es gab zwar einige unterhaltsame Kinoerlebnisse in der zweiten Jahreshälfte, dennoch kommt keiner an die des Ersten heran. Es hat wohl kein Film einen ähnlich starken Eindruck hinterlassen, wie 12 Years a Slave. Kein leichter Stoff, der hier aber emotional und eindrucksvoll dargestellt wird und nach wie vor einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Ganz klar einer meiner Favoriten 2014. Auch Mandela – Der lange Weg zur Freiheit findet seinen Weg in die Jahrescharts. Ein facettenreicher Einblick in das Leben eines weltbekannten Mannes. Und der Letzte: Wie in alten Zeiten. Charmant und humorvoll ist diese Komödie etwas leichter zu verarbeiten und zeichnet sich vor allem durch die Harmonie zwischen Pierce Brosnan und Emma Thompson aus an die man sich auch später noch gerne erinnert.