Die 10 besten Actionregisseure
In einem früheren Artikel (zum Feature) hat die pressplay-Filmredaktion ja bereits die heutigen Probleme des Actiongenres besprochen, mit denen es sich konfrontiert sieht. Jetzt haben wir uns aber die Frage gestellt, wer sind denn eigentlich die Besten der Besten dieses Fachs.
Welche Filmemacher konnten mit denkwürdigen Action-Momenten die Herzen zahlreicher Fans des gepflegten Faustkampfs, rasanter Verfolgungsjagden und ohrenbetäubenden Explosionen für sich gewinnen? Bei welchen zählt vorwiegend Qualität statt Quantität? Mit welchen Filmlegenden können Personen wie Michael Bay oder Roland Emmerich niemals konkurrieren? Alle auf unserer Liste Genannten schufen einige der größten Antihelden im Film und waren bzw. sind meist selbst Antihelden des Kinos, weil auf viele von ihnen, gerade wegen ihrer vorwiegenden Verhaftung im Actionbereich, herabgeblickt wird und ihre Leistung oftmals nur mit einem müden Lächeln gestraft werden.
Paul Greengrass (The Bourne Supremacy, The Bourne Ultimatum, United 93, Green Zone)
Als einer der jüngeren Zugänge in die Bestenliste der Actionregisseure hat sich Paul Greengrass mit seinem bisherigen Schaffen den Eintrag redlich verdient: Mit den rasanten, aber niemals überfordernd wirkenden Schnittfolgen in den beiden Bourne-Teilen konnte der kompetente Brite nicht nur die Serie selbst in die Riege der besten Actionthriller überhaupt katapultieren, sondern auch seine Vorliebe für brisante Thematiken aufzeigen. Mit United 93 und Green Zone (erneut mit Matt Damon in der Hauptrolle) schuf Greengrass überaus gelungene, teils sehr aufrührerische Filme, deren Impakt in vielerlei Belangen auch heute noch spür- bzw. sichtbar ist. Man darf sich also auch auf sein neuestes Projekt Captain Phillips, mit Tom Hanks in der Hauptrolle als Schiffskapitän eines Frachters, der vor der somalischen Küste gekarpert wird, freuen.
Sam Peckinpah (The Wild Bunch, The Getaway, Bring Me the Head of Alfredo Garcia, Cross of Iron)
Zeitlupen-Schießereien, ein Mann, der mit dem abgetrennten Kopf einer Leiche spricht und das Kinderlied „Hänschen klein“ als Anfangsmusik eines Kriegsfilms. All das spricht für Sam Peckinpah und seine vielfältige Auswahl an Actionfilmen. Man könnte sie als Spiegelbilder der Gesellschaft, Gewaltstudien oder als satirische Betrachtung von Männlichkeit und Heldentum sehen. Man könnte sie auch als machoid, frauenfeindlich und mit Hang zu übertriebener Gewaltästhetik bezeichnen. So oder so, Sam Peckinpah und seine Filme polarisieren. Dass seine Filme hart, dreckig und brutal sind, bedarf wohl keiner Erwähnung mehr. Aber was kann man anderes erwarten von einem Mann der vier (!) Flaschen Whisky pro Drehtag säuft UND die Dreharbeiten überlebt.
John McTiernan (Predator, Die Hard, The Last Action Hero, The 13th Warrior)
Dieser Mann ist der unbesungene Held des Actionfilms. Kaum ein gegenwärtiger Regisseur hat derart viel zum Glanz des Genres beigetragen wie John McTiernan und wird aber gleichzeitig immer wieder als grandioser Actionregisseur übersehen und vergessen. Unfassbar wenn man bedenkt, dass er Schwarzenegger gegen ein Alien kämpfen und die steirische Eiche aber nicht als den strahlenden Helden dem Sonnenuntergang entgegen reiten lies. Oder wenn der gleiche Regisseur Bruce Willis im Unterhemd in einem Hochhaus gegen übermächtige Terroristen kämpfen lässt und dabei einen der unvergesslichsten Antihelden kreiert. Und dann nimmt genau dieser Filmemacher das ganze Genre in einer grandiosen, selbstreferenziellen Satire auf alle Actionfilme und -helden auseinander und setzt es neu zusammen. Ein Actionregisseur wie McTiernan, der dies und noch viel mehr geschafft hat, muss einfach zu den besten seines Fachs zählen. Das wäre ja fast so als würde man behaupten, Hitchcock verstehe nichts von Suspense.
Michael Mann (Thief, Heat, Collateral, Public Enemies)
Kühle Professionalität kennzeichnet nicht nur das Werk Michael Manns, sondern auch seine Figuren. Egal ob es um das epische Duell zwischen Räuber und Gendarm oder einen eiskalten Auftragskiller geht, sie üben ihre Professionen immer mit der Genauigkeit und Emotionslosigkeit eines Handwerkers aus; das einzige was man bei ihnen (im Gegensatz zu vielen Handwerkern) nicht erlebt, ist, dass sie pfuschen. Darüber hinaus beweist Michael Mann stets ein glückliches Händchen in der Wahl seiner Darsteller. Gut, bei einer schauspielerischen Auseinandersetzung De Niro gegen Pacino konnte man Mitte der 90er Jahre nichts falsch machen (heute sieht das ja bekanntlich anders aus), aber wer hätte gedacht, dass Tom Cruise mal nicht den ewig guten Strahlemann spielt, sondern einen eiskalten, grauhaarigen Auftragskiller. Und als wäre all das noch nicht genug darf sich Michael Mann zugutehalten, die wohl beste Actionsequenz (Bankraubszene und anschließender Schusswechsel in Heat) der 90er Jahre auf Zelluloid gebannt zu haben.
Kathryn Bigelow (Point Break, Near Dark, Strange Days, The Hurt Locker, Zero Dark Thirty)
Frauen und Actionfilme hatten bisher ja eher ein zwiespältiges Verhältnis, das Thema Emanzipation wurde vor allem hinter mit Testosteron vollgepumpten Muskelbergen versteckt. Aber nicht nur die prototypische Frau in Not wurde mit der Zeit wegrationalisiert, sondern auch die Vormachtstellung männlicher Actionregisseure – und sei es nur wegen dieser einen Frau: Kathryn Bigelow. Oftmals wurde sie “nur” als Frau von James Cameron bezeichnet, ohne auf ihr filmisches Schaffen zu verweisen, gestört hat sie dies natürlich nicht. Mit The Loveless und Near Dark legte sie den Grundstein für mitreißende und vor allem optisch eindrucksvolle Inszenierungen, den sie konsequent durch mittlerweile zu Kultstatus avancierte Werke wie Point Break, Strange Days und natürlich The Hurt Locker ausbaut(e).
James Cameron (The Terminator, Aliens, Terminator 2: Judgment Day, True Lies, Avatar)
Wer Actionfilm sagt, muss wohl oder übel James Cameron als Suffix beifügen. Kaum ein Regisseur feierte in den vergangenen 27 Jahren so große Erfolge wie der gebürtige Kanadier. Ok, darunter war auch der Herz-Schmerz-Reißer Titanic, aber es sei ihm gegönnt – immerhin konnte er diesen Katastrophenfilm (sofern man ihn nicht als Romanze bezeichnet) bildgewaltig in Szene setzen. In Sachen effektiver Gestaltung sämtlicher Film-Elemente scheint Cameron ohnehin eine Klasse für sich: Sei es sein immer noch umwerfender Terminator, der Sieben Samurai-inspirierte Aliens oder schlicht und einfach der größte/gewinnbringendste Blockbuster aller Zeiten, Avatar (eigentlich sollte hier ja Terminator 2 stehen) – Cameron hat das Genre maßgeblich und unzweifelhaft in allen nur denkbaren Belangen geprägt.
Walter Hill (The Warriors, 48 Hrs., Extreme Prejudice, Red Heat, Last Man Standing)
Sein letzter Besuch im Actiongenre – Shoot Out (zur Kritik) – konnte zwar nicht vollends überzeugen, trotz einiger netter Ideen, dennoch hat sich Walter Hill vor allem durch seine Werke in den 80er und 90er Jahren seinen Platz im Brachial-Olymp verdient. Gekonnt transzendieren seine Werke klassische Helden- und vor allem Westernmythen in die heutige Gesellschaft, nicht ohne die dabei auftretenden Konflikte ins Bild zu rücken. In Fällen wie Red Heat oder 48 Hrs. auch durchaus mit einem leicht ironischen Augenzwinkern versehen. Abgesehen davon ist es vor allem die Klarheit, die schon fast an Minimalismus grenzt, mit der er die innewohnende Essenz und Motivation seiner Figuren und Geschichten hervorhebt. Kleine Randnotiz: Eines seiner ersten Drehbücher war die Romanadaption The Getaway für niemand geringeren als Sam Peckinpah.
Robert Rodriguez (Desperado, Sin City, From Dusk Till Dawn, Planet Terror, Machete)
Das manche Regisseure dieser Liste mit kleinen Low-Budget Filmen große Erfolge feiern bzw. ihre Karriere damit starten konnten, ist angesichts des geballten Talents kein wirkliches Wunder. So ist es auch nicht relevant, das der Texaner Robert Rodriguez mit seinem Debüt, dem 1992 veröffentlichten Rache-Thriller El Mariachi, auf sich aufmerksam machte, richtig? Falsch! Nicht umsonst trägt der Mann den Spitznamen “The Wizard” (© imdb.com): Mit weniger als 10.000 US-Dollar schuf Rodriguez einen beachtlichen Film, der auch heute noch junge Filmemacher inspirieren sollte. Mit Werken wie Desperado, From Dusk Till Dawn und natürlich Sin City, die allesamt sein Gespür für Unterhaltung und Over-the-Top-Actionsequenzen untermauern sollten, hat Robert Rodriguez bewiesen, dass er ein Händchen für gute Genre-Filme hat.
Tony Scott (Top Gun, Last Boy Scout, True Romance, Crimson Tide, Unstoppable)
Normalerweise ist es ja sein Bruder Ridley, der (zu Unrecht?) als der talentiertere der beiden gepriesen wurde, aber betrachtet man sich seine jüngsten Filme, kann man dessen Reputation nur als übertrieben bezeichnen. Tony hingegen hat mit seinen vorwiegend dem Actiongenre anheim fallenden Werken ein generisches und dynamisches Oeuvre geschaffen. Sei es nun der Durchbruch für einen jungen Tom Cruise in Top Gun, die Verfilmung eines Tarantino-Drehbuchs mit True Romance oder einer der kompromisslosesten Actionreißer der 90er Jahre mit The Last Boy Scout in dem ungewohnten Milieu der Football-Sportwetten – Tony Scott gelang es immer, unterhaltsam zu sein und gleichzeitig seinen Genre-Werken einen eigenen Stempel aufzudrücken. War in Wahrheit gar Tony der Auteur der Familie? Selbst Der Staatsfeind Nr. 1 mit seiner Kombination aus Action, Paranoia und der Warnung vor dem totalen Überwachungsstaat ist nach wie vor einer der wenigen, nicht allzu nervenden Filme mit Will Smith in der Hauptrolle. Sogar seine letzten Werke waren, gerade wegen ihrer Geradlinigkeit und direkten Art, durchwegs gelungene Actionfilme. Kaum ein Regisseur verstand es, das Genre in seiner reinsten Form so gelungen auf die Leinwand zu bringen.
Quentin Tarantino (Death Proof, Kill Bill Vol. 1 & 2, Inglourious Basterds, Django Unchained)
Was muss man eigentlich noch großartig zu Quentin Tarantino erzählen? Ja, sein unaufhaltsamer Aufstieg in die A-Liste der Regisseure war mit grandiosen Filmen wie Reservoir Dogs und Pulp Fiction schon vorab absehbar. Ja, er hat sich zum Markenzeichen gesetzt, Genre-Grenzen zu durchbrechen, diese munter zu vermischen und zu verwischen. Aber auch bei actionreichen Werken wie Kill Bill Vol.1 und Vol.2 hat sich herausgestellt, das der Mann sein Handwerk und Inszenierungsgeschick mehr als versteht. Ein wohlverdienter Listeneintrag, natürlich.