Harvest Of Art 2015: Wanda und Bilderbuch begeisterten
Wenn Schuhe zweitrangig und Wartezeiten ein Fremdwort werden, dann befindet man sich auf einem der schönsten Festival-Gelände Österreichs.
Selten hat man so viele entspannte Menschen gesehen, wie auf dem Harvest of Art. Vor der Bühne liegen die Besucher in der Wiese oder in den Hängematten, auf der Bühne bauen viele Bands ihr Equipment selbst auf und unterhalten sich mit den wartenden Fans. Man holt sich zwischen den Songs mal gemütlich was zu essen, genießt die Sonne, erholt sich im Schatten, vertieft sich in Gespräche, macht ein kleines Schläfchen oder stöbert durch den Plattenladen am Gelände. Die Ottakringer Arena in Wiesen wird von uns nun endgültig zur nettesten Festival-Location Österreichs gekürt.
Der Gastro-Bereich ist so gut organisiert, dass man nur wenige Minuten benötigt, um sich was zu trinken zu holen, der Blick auf die Bühne bleibt einem nie verwehrt, und wie das trotz zwei langen Schlangen bei den WC-Anlagen so reibungslos und schnell funktioniert, ist uns nach wie vor ein Rätsel. Aber sei’s drum, wir sind glücklich und dass vor allem auch wegen den Live-Acts.
Wir geben zu, wir waren erst bei Nada Surf so richtig anwesend (Damn you, Stau!). Inner Tongue, Nathaniel Rateliff und Curtis Harding hätten wir wirklich gerne gesehen, aber es sollte leider nicht sein. Es zeigte sich aber, dass die New Yorker Band aber nach all den Jahren immer noch das Publikum zu begeistern weiß und überzeugte vor allem stimmlich. Der Bereich vor der Bühne war ziemlich gut gefüllt und Fans der ersten Stunden zeigten sich sichtlich erfreut über diesen Auftritt.
„Bitte umdrehen und Bier trinken“, meinte Wanda Sänger Marco Michael noch lachend bei der „Klangprobe“ kurz vor dem Konzert, noch unwissend, welche geballte Ladung Begeisterung ihn und seine Band in wenigen Minuten erwarten wird. Da wurden noch anständig die Instrumente eingestellt, Zigaretten und Bier an die wartenden Fans verteilt und untereinander gescherzt. Kurze Zeit später, als Wanda mit dem Song Luzia startete, gab es bei den Besuchern kein Halten mehr. Es wurde lauthals Zeile für Zeile und Song für Song mitgesungen. Auch als die Band die vermeintlich neue Nummer Meine beiden Schwestern präsentierte, zeigten sich viele Fans bereits textsicher. „Seid ihr wahnsinnig?“, schrie der Frontmann nach der Nummer ins Mikrofon und ließ sich theatralisch auf den Boden fallen.
Marco Michael bewies beim Harvest of Art einmal mehr, dass er eine Rampensau ist, wie sie im Buche steht. Da wurde wild mit den Hüften gekreist, getanzt, sich das Hemd aufgerissen (ein Wunder, dass die obligatorische Lederjacke nicht weichen musste, aber wir vermuten, dass die nackte Brust mit viel Schweiß noch aphrodisierender auf das Publikum wirkt) und sich mit dem Publikum unterhalten. Natürlich ließ sich der Sänger am Ende von den Fans auf Händen tragen. Das Konzert von Wanda am Harvest of Art war schlicht weg zum Niederknien.
Nach so einer geballten Ladung Amore hatten es Belle & Sebastian natürlich schwer. Den Auftritt von Wanda zu toppen gelang ihnen dann leider nicht, dafür gab es aber schöne Visuals im Hintergrund und feinsten Indie-Pop. Mit 13 Musikern wurde es auf der Bühne etwas enger. Frontmann Stuart Murdoch zeigte sich gut gelaunt und gesprächig. Er erzählte zwischen den Songs ein paar Geschichten und war um einen guten Auftritt bemüht. Nach Wanda war das aber wie gesagt etwas schwierig. Belle & Sebastian beendeten ihren Auftritt am Harvest of Art mit tanzenden Fans auf der Bühne. Auch schön, wie wir finden.
Danach ging es mit Bilderbuch ab in den Dschungel. Sänger Maurice Ernst klagte erst vor wenigen Wochen in einem Falter-Interview über die Benachteiligung österreichischer Bands auf den heimischen Festivals, nun aber stand er mit seiner Band vor allem prall gefülltem Festivalgelände. Klar, Wiesen ist zwar eine kleine Location und wir finden da geht noch deutlich mehr (wir wünschen uns Bilderbuch rauf auf die Frequency-Bühne), aber die Kritik ist scheint angekommen und es zeigte sich, die Besucher sind bereit für heimische Headliner.
Nach Wanda zeigte sich das Publikum natürlich auch bei Bilderbuch textsicher. Alle Songs wurden mit Begeisterung gefeiert und bei Maschin waren viele Fans sogar am Rande der Hysterie. Die Band dankte es dem Publikum mit cleveren Riffs, treibenden Drums, ausgefallenen Arrangements und jeder Menge Selbstbewusstsein. Bilderbuch wurden am Harvest of Art gefeiert wie Helden – zu Recht, wie wir finden.
Ein Festival, das die österreichischen Acts feiert – Harvest of Art, wir sagen Amore!