Interview mit DAWA
Dawa, die vierköpfige Band rund um Mastermind John Dawa, zeigt mit ihrem zweiten Album, dass sie nicht in die Falle tappen, die hoch gemessenen Erwartungen nach mehr als solidem Erstlingswerk zu unterschreiten.
Im Gegenteil: auch am zweiten Album, genannt Psithurisma (griechisch für „Blätterrauschen“) überzeugen Dawa solide und gekonnt durch das, was ihre größte Stärke ist: ein besonders feines Gespür für Arrangement und Songwriting, kombiniert natürlich mit der einzigartig schönen Stimme John Dawas.
Im Vorfeld des Eurovision Songcontest, der heuer ja erstmals in Wien ausgetragen wird, haben wir Dawa vorab getroffen, um uns mit ihnen über die Streitfrage Kommerz, die Zusammenarbeit mit Patrick Pulsinger und die gelegentlichen Gefahren, die sich ergeben, wenn man nackt schläft, unterhalten.
pressplay: Wie geht es euch, wie ist eure Albumrelease-Show im Radiokulturhaus gelaufen?
John: Es war eine gute Show und vor allem war es sehr schön, nun schon das dritte Mal im Radiokulturhaus spielen zu dürfen. Für mich gab es eigentlich keinen besseren Platz, um das Album zu präsentieren.
Wo spielt ihr in Wien denn generell am liebsten?
Laura: Also einer unserer Lieblingsplätze für Live-Performances ist sicher Mike’s Werkstatt. Das ist eigentlich nur ein ganz kleines Lokal, bzw. hat nur eine sehr kleine Theaterbühne zur Verfügung – ein Wunder, dass wir zu viert überhaupt hinaufpassen! – aber die Stimmung dort ist toll. Wir spielen dort immer unverstärkt, also rein akustisch und das gibt dem Ganzen natürlich noch einmal eine ganz besondere Atmosphäre. Es passen auch nur 35 Leute hinein.
John: Meistens spielen wir dort in der Vorweihnachtszeit, das passt dann vom Ambiente natürlich doppelt gut.
Und privat, wohin geht ihr da gerne?
Barbara: Also nicht unbedingt ins Gasometer…. (lacht). Der Sound ist ja dort wirklich nur mittelprächtig. Wobei auch das WUK bei Tricky kürzlich ziemliche Probleme hatte. Gott sei Dank habe ich ihn vorher schon einmal in der Arena gesehen (lacht).
Würdet ihr dort gern einmal spielen, in der Arena Wien?
Barbara: Das ist wirklich eine coole location, auf jeden Fall!
John: Ja, klar! Wenn die Leute den richtigen Vibe haben, ist es sowieso unabhängig von der location, ob das Konzert gut wird oder nicht.
Barbara: Schön wär’s vor allem im Sommer natürlich, open air zu spielen. Oder auch auf einem Festival, am Full Hit of Summer zum Beispiel.
Plant ihr Festivalauftritte – oder Open Air Auftritte?
Barbara: Da müssen wir unseren Manager fragen… puh, gute Frage! Das einzige, was ich jetzt weiß, ist ein Open Air Auftritt in Oberösterreich. Aber sonst gibt es glaube ich noch keine großartigen Festival-Termine. Das Harvest of Art hätten wir gerne gespielt, geht sich aber zeitlich leider nicht aus.
John: Ah, doch – Donauinselfest!
Barbara: Stimmt genau, auf der FM4 oder der Oe1 Bühne.
Ihr habt gerade – wie gesagt – euer zweites Album präsentiert. Ist euch das zweite schneller oder besser von der Hand gegangen als das erste?
John: Es war eine andere Art der Aufnahme und der Arbeit an der Musik. Wir kannten uns beim zweiten Album natürlich musikalisch schon besser, als es beim ersten Recording der Fall war. Wir haben uns zwar schon gut gekannt, aber natürlich sind wir durch die gemeinsamen Auftritte usw. noch näher zusammengerückt, sodass wir dann auch bei den Aufnahmen zum Beispiel schneller aufeinander reagieren konnten. Auch wenn wir bei dieser zweiten Aufnahme jemand neuen an Bord hatten: Oama ist ja neu zur Band hinzugekommen.
Wie entsteht bei euch ein Stück? Wer kümmert sich um die Lyrics etc. – habt ihr da eine bestimmte Rollenverteilung oder entsteht doch das meiste in einer Art Jam-Session im Studio dann in einem kreativen Moment?
Laura: Also es ist schon meist so, dass John mit einer Idee im Kopf zu uns kommt, er schreibt auch die Texte beziehungsweise kommt eben mit den noch nicht ganz fertigen Texten zu uns. Wir arbeiten dann diese oft nur bruchstückhaften Grundlagen gemeinsam aus.
John: Ich finde es vor allem interessant, welche Dynamik sich oft entwickelt. Ich zeige den anderen eine Skizze meiner Gedanken bzw. die Richtung, in die ich mit einem Song gehen will und dann tun sie jeweils noch ihre – nennen wir es Zutaten – dazu, und oft haben wir dann im Endeffekt ein ganz anderes Stück, als ich es imaginiert hätte. Aber nicht im Negativen!
Habt ihr euch selbst beim zweiten Album ein bisschen Druck gemacht – bzw. eine Deadline gesetzt, wann genau es fertig sein soll?
Laura: Wir haben ja nicht in Wien aufgenommen, sondern in der Steiermark und haben uns dadurch selbst zeitlich ziemlich beschränkt. Wir haben unsere Gerätschaften also alle nach Schrattenberg verfrachtet, in eine alte Meierei. Mit Patrick Pulsinger zusammen haben wir uns dort ein provisorisches Studio aufgebaut, auch beim Mischen im Anschluss waren wir dann meist dabei, aber die Zeit war doch komprimiert. Wir haben uns jetzt also nicht jeden Tag in Wien in einem Studio getroffen, sondern haben das in dieser Zeit sehr intensiv einfach durchgezogen.
Barbara: Vor allem glaube ich auch, dass es einen ja wahnsinnig macht, wenn man da ein Jahr lang an einem Album feilt. Da ändert man ja immer noch das eine oder andere und schließlich wird es nie fertig! Das könnte ich nicht.
Patrick Pulsinger! Wie seid ihr zu ihm gekommen?
Barbara: Er hat ja das Popfest Wien kuratiert und ist auf uns zugekommen, weil er unsere Musik gut gefunden hat. Eines nach dem anderen hat sich dann von selbst ergeben: wir haben ihm in weiterer Folge ein paar Nummern vorgespielt, „On the run“ war da eigentlich schon so gut wie fertig.
Inwiefern unterscheidet sich demnach von der Soundentwicklung das erste vom zweiten Album?
Barbara: Wir haben viel ausprobiert. Ich habe einen Haufen Krimskrams angeschleppt, wie ich es oft gerne mache… (lacht), zum Beispiel eine halbe Kokosnuss. Wir haben dann einfach einmal geschaut, was passt, bzw. was allen gefällt. Da haben wir ein Waschbrett, eine Ziehharmonika und noch vieles mehr.
John: Elektronika haben wir eigentlich nicht direkt eingebaut. Vor allem war es uns wichtig, dass Patrick uns einen neuen Blickwinkel auf unsere Musik gibt, aber nicht, dass wir jetzt in eine völlig andere Richtung gehen als zuvor. Das, was wir hauptsächlich machen, ist einfach die Musik mit unseren Händen, so banal das klingt.
Laura: Das erste Album haben wir ja noch ganz alleine aufgenommen – in der Spiegelfabrik in Gars am Kamp. Da hatten wir eine ähnliche Situation, Bandcamp-artig (lacht). Da waren wir sogar nur fünf Tage, also auch wenig Zeit – und im Grunde genommen haben wir dort einfach aufgenommen, so wie wir immer gespielt haben. Und jetzt haben wir schon noch jemanden dabei gehabt, der nachbearbeitet hat, der aber auch mehr darüber weiß, wie man aufnehmen kann, welche special effects man einbauen kann usw. Also er hat uns einfach gesagt, was wir noch einmal bzw. anders einspielen sollen usw. Es ist schon mehr passiert am zweiten Album.
John: Was ich so schön fand, ist, dass Patrick und Oliver einfach gleich verstanden haben, was wir machen. Und wir haben dann gemeinsam versucht, unseren Sound zu erweitern, quasi eine weitere Tür in einen Raum hinein zu öffnen.
Barbara: Wir singen ja im Harmoniegesang – auch alle vier, wenn es um Chorpassagen geht. Eine wirklich coole Sache war ein Konstrukt, das wir extra für eine Aufnahme gebastelt haben, wir sind uns quasi im Kreuzmuster gegenübergestanden und das Mikro wurde anhand einer besonderen Befestigung und ein Loch im Boden, in das die Mikrostange integriert wurde, im Kreis gedreht. Allein durch dieses Schwingen, die vier Stimmen und das alte Gewölbe hat sich so eine Akustik ergeben, auf die wir ohne Patricks Ideen vielleicht gar nicht gekommen wären.
Laura: Die Akustik war teilweise wirklich wie in einer Kirche, toll.
Und der Ort der Aufnahme, mitten am Land so quasi, war wohl auch etwas ganz Besonderes?
John: Das war es wirklich. Wir haben im Gesindehaus gewohnt, ja wirklich, das lag ca. 100 Meter vom Ort unseres „Studios“ entfernt.
Barbara: Ein bisschen gruselig wars ja teilweise schon… Norman Bates sag ich nur! (lacht).
…. da habt ihr sicher gut geschlafen, hm?
Oama: Ja, es war teilweise wirklich schaurig. Einmal haben wir die Tür nicht abgesperrt, stand auf einmal jemand in unserem Zimmer! Der wollte irgendetwas abmessen…
Laura: Ja! Auf einmal! Auch bei uns im Mädchenzimmer, angeklopft – zack! – und stand schon, ohne zu warten, mitten im Zimmer.
Oama: Ich hab mir nur gedacht: Kampf – Flucht – Kommunikation. Das sind meine drei Möglichkeiten (lacht).
Barbara: Kampf!
Oama: Aber er war selbst auch geschockt! Ich schlafe nämlich nackt… (lacht)
Sehr gut. Well, sprechen wir heute über das Thema, auf das ihr wohl in der letzten Zeit am häufigsten angesprochen werdet. Der Songcontest. Was haltet ihr eigentlich persönlich von der Veranstaltung?
Barbara: Es ist halt teilweise einfach wirklich mit einer nostalgischen Kindheitserinnerung verbunden. Oder mit dem Gedanken an die Audiokommentare von Sterman und Grissemann, wenn man den Ton aus und die beiden eben angestellt hat.
John: Ich muss immer an diese Fanfare denken, die am Anfang eingespielt wird. Und man kann auf keinen Sender ausweichen außer Hugo Portisch auf ORF 2 (lacht).
… aber ihr wirkt generell so, als stündet ihr dem Ganzen neutral gegenüber?
Oama: Damals war das schon cool, das zu sehen. Also wenn man noch Kind ist. Natürlich, man ändert viele Meinungen im Zuge seiner Entwicklung. Mir gefällt jedoch die Vorstellung, einfach für mein Land zu spielen.
Laura: Im Endeffekt erreicht man unendlich viele Leute damit. Diese Möglichkeit wollen wir uns einfach nicht entgehen lassen, wenn wir die Chance kriegen, uns der Welt zu präsentieren und verschiedenen Menschen unsere Musik nahezubringen.
Barbara: Vor allem ist es ein Angebot, das man einfach nutzen sollte. Man hört so oft, Österreich tut eh nichts für seine Musik – und nun gibt es hier die Möglichkeit, genreübergreifend teilzunehmen. Menschen, die nicht in unserem Musikkosmos leben, wissen nicht einmal, was es alles an Bands in Österreich gibt. Unser Umfeld ist teils, was das angeht, in einer ganz anderen Welt und bekommt auch schwer die Möglichkeit, uns kennenzulernen. Natürlich finden es viele „uncool“ am Songcontest bzw. jetzt dem Vorentscheid teilzunehmen. Wir können natürlich auch auf die Nase fallen, das wissen wir. Aber wir wollten die Chance eben nicht ungenützt lassen, es ist uns wichtig, aus dem kleinen Dunstkreis herauszukommen.
Danke für das feine Interview