Ein bevorstehendes Science-Fiction Revival?
Science-Fiction-Filme werden oft mit einem müden Lächeln als spielerische, leicht zu verdauende Massenware, die bloß den Eskapismus seines Publikums bedient, abgetan. Doch diese Vorstellung hält nicht lange stand, wenn man bedenkt, dass bereits grandiose Werke in diesem Genre entstanden sind.
Dennoch muss sich der Bereich des Science-Fiction nach wie vor die Hochnäsigkeit und Überheblichkeit „ernsterer“ Genres wie dem Drama oder Thriller gefallen lassen. Nicht allein in der Literatur wird Sci-Fi in erster Linie als Unterhaltung ohne tiefere Bedeutung oder Aussage, ohne den hehren Anspruch hochwertiger Kunst zu beinhalten, angesehen, auch im Medium Film gilt es eher als ein Genre, das vorwiegend eingefleischte, meist seltsam anmutende Fans anzieht. Ein atavistischer Trugschluss, der sich bei genauer Betrachtung schnell entlarvt. Kein Zweifel, es gibt viel „leichte Kost“ und sogar miesen Schund, der den Köpfen der Sci-Fi-Autoren und -Filmemachern entspringt, aber gerade im Verlauf der letzten Jahre erlebt dieses faszinierende Genre eine langsame, aber steigende Renaissance, die immer mehr interessante, anspruchsvolle und vor allem intelligente Werke an das Publikum heranbringt. Aber es gilt auch hier, wie bei jedem Genre, die Perlen aus der manchmal unüberschaubaren Menge zu filtern.
Das Jahr 2012 konnte zwar durch Werke wie Disney’s John Carter (zur Kritik) oder Ridley Scotts Prometheus (zur Kritik) viel Aufmerksamkeit auf das Genre lenken, die genannten Filme jedoch, überzeugten schlussendlich kaum bis gar nicht. Während John Carter in einer finanziellen Katastrophe gipfelte, lag es bei Prometheus an einem inhaltlichen Desaster. Wider dieser zwei Missgeschicke konnte sich der Science-Fiction-Film am Ende des Jahres mit einigen qualitativ hochwertigen, inhaltlich anspruchsvollen und schlichtweg mutigen Projekten wieder ins Gedächtnis des Publikums rufen. So mag zwar Looper (zur Kritik) mit Joseph Gordon-Levitt und Bruce Willis kein Meisterwerk sein, stellt aber trotzdem eine überraschend gut gemachte Symbiose aus Science-Fiction und Action dar. Ähnliches gilt für Dredd (zur Kritik). Der kleine Unterschied liegt allerdings darin, dass die Comicverfilmung über Judge Dredd zwar ein finanzieller Flop war, doch inhaltlich und formal wohl als einer der besten und nachhaltigsten Sci-Fi-Action-Filme des letzten Jahres besteht und, dass eine hohe Wahrscheinlichkeit vorhanden ist, der Film mag zukünftig wohl die Stellung eines Kultfilmes einnehmen.
2013 setzt die Zuwendung zum Sci-Fi-Genre konsequent fort und verspricht ein spannendes Jahr, nicht nur für Fans, auch für Skeptiker des Genres, zu werden. Der neue Tom Cruise-Streifen Oblivion, der bereits am 12. April bei uns startet, bildet den Auftakt nicht nur zu einer Reihe großer, hochbudgetierter Blockbusterfilme, sondern ebenso zu zahlreichen aussichtsvollen Werken. Oblivion erzählt die Geschichte eines Kriegsveteranen, der auf einen fremden Planeten geschickt wird um dort die Überreste einer außerirdischen Rasse zu vernichten. Zweifel und selbstreflexive Gedanken prägen das Bild, die im Verlauf seiner zu erfüllenden Mission auftreten. Nicht allein sein Wissen über den Planeten und sein Auftragsziel wird in Frage gestellt, auch er als Person und Ausführender wird zunehmend von zwiespältigen Überlegungen zu sich selbst heimgesucht. Wer jedoch eine dramatische und tiefer gehende Charakterstudie im Gewand eines Science-Fiction-Filmes erwartet, täuscht sich, denn bereits der Trailer zeigt einen waschechten Actionstreifen, der aufgrund seines Settings und seiner Prämisse dennoch zu einem interessanten Film werden könnte. Bei Star Trek Into Darkness und After Earth dürfte es sich um ähnlich angehauchte Blockbuster handeln.
Reizvoller gestaltet sich da schon Pacific Rim. Als außerirdische Invasoren die Erde überfallen, schickt die Erde gigantische von Menschen gesteuerte Roboter in den Kampf. Das klingt eingangs nicht besonders Originell und eher nach einer Version von Battleship, aber mit einem Filmemacher wie Guillermo Del Toro im Regiestuhl muss man sich auf alle Eventualitäten gefasst machen. Auch Andrew Niccol fühlt sich wieder vom Science-Fiction-Film angezogen. The Host wird bereits zu seinem dritten, zu diesem Genre zählenden Werk werden. Die Erwartung darauf ist allerdings durchwachsen. Mit Gattaca hat er 1997 zwar einen großartigen Film zu diesem Genre beigetragen, In Time aus 2011 war jedoch ein Fehlgriff. Viel schwerwiegender und Bedenken auslösend wird die bevorstehende Euphorie durch den Umstand getrübt, dass der Streifen eine Adaption eines Stephenie–Meyer-Romans ist, der durch Twilight bekannt gewordenen Autorin. Bleibt zu hoffen, dass Niccol eigene Ideen einbringt, denn, dass diese Frau nicht schreiben kann, hat sie schon mit mehr als genug schrecklichen Büchern unter Beweis gestellt. Nach The Host wird sich jedoch herausbilden ob Niccol wirklich etwas zu diesem Genre beitragen kann oder Gattaca bloß ein zufällig geschehender Glücksfall war.
Was in erster Linie ins Auge sticht, ist die Tatsache, dass immer mehr Filmemacher konstant zum Sci-Fi zurückkehren. Andrew Niccol steht damit nicht als einziger da. Man denke nur an die jüngste Vergangenheit, an Duncan Jones oder District 9 von Neill Blomkamp, dessen Apartheids-Drama im Gewand eines Sci-Fi versteckt zu einem der besten Beiträge des Genres avancierte. Dieses Jahr katapultiert er mit dem vielversprechenden Film Elysium Matt Damon und Jodie Foster in eine düstere Zukunft. Auch Terry Gilliam kehrt mit The Zero Theorem wieder zurück in das Futurum (wo der Zuschauer erneut auf Matt Damon trifft, zu dem sich Christoph Waltz dazu gesellt). Für 2014 bestehen zudem die Ankündigungen, dass uns Christopher Nolan erneut mit einem Sci-Fi-Film zwangsbeglücken und George Miller seinen Mad Max wieder auf die Straße schicken wird, nicht zu vergessen, dass auch James Cameron irgendwann wieder nach Pandora zurückkehrt und seine Avatar-Reihe fortsetzt (wäre dann schon sein sechster Sci-Fi-Film!). Dieser aussagekräftige Trend, der in der Sci-Fi-Literatur nichts Neues ist – denn gibt es dort nicht mehr als genug Beispiele von Autoren die diesem Genre fast ihre gesamte Karriere über treu blieben und bleiben? – etabliert sich nun vielleicht ebenso in der Filmwelt.
Ob diese Werke und noch zahlreiche andere Science-Fiction-Filme, die 2013 die Kinos bevölkern werden, halten können was sie versprechen, wird sich zeigen. Die Vorstellung und das Klischee, dass der Blick in die Zukunft der Menschheit und der Erde jedoch nur dem niederen eskapistischen Verlangen seines Publikums dient, könnte vor allem dank der Werke von Blomkamp, Del Toro, Gilliam und eventuell auch Niccol bald der Vergangenheit angehören.