Warum der Hobbit nur als technisches Spektakel funktioniert
Unsere Filmredakteurin Martina hat es ja bereits in ihrer Kritik zu Der Hobbit – Eine unerwartete Reise angemerkt: Der Film selbst ist kein wirklicher Meilenstein der Erzählkunst, zumindest in seiner filmischen Variante.Dennoch war der Kinobesuch ein persönliches Highlight des Jahres, auch mit dem Wissen, das hier das Rad nicht neu erfunden wird. Schon im Vorfeld wurde ja viel über die technischen Innovationen, wenn sie als solche tatsächlich anzusehen sind, berichtet: Die Bildfrequenz wurde von 24 fps (englisch für Frames per Second, also Einzelbilder pro Sekunde) auf 48 fps erhöht, um beim Zuseher einen anderen Effekt des “Sehens” zu erzeugen.
In der Praxis, oder vielmehr im Kinosaal, bildet sich jener Effekt recht schnell und im wahrsten Sinne des Wortes augenscheinlich ab. Das Bild auf der Leinwand erscheint unglaublich scharf, stark belichtet und – was auch Filmkritiker bei ihren ersten Sichtungen bemerkten – überaus ungewohnt. Genau dieser Effekt war jedoch von Jackson selbst antizipiert worden, um – vor allem in Verbindung mit der 3D-Technik – dem Verschwimmen des Bildes Einhalt zu gebieten. Gerade in den ersten Momenten von Der Hobbit hinterlässt das Ganze einen etwas schalen Eindruck, da man dadurch unweigerlich eher an eine Telenovela bzw. Daily Soap a la Dallas oder, auf Österreich umgelegt, Sturm der Liebe, erinnert wird. Das dies bei einem epischen Fantasy-Spektakel mit allerlei aufwändigen Effekten und Kostümen eher hinderlich wirkt, ist natürlich klar. Vor allem in den ruhigeren Einstellungen, die Zeit lassen, einzelne Figuren und Set genauer zu begutachten, muss man sich ein Schmunzeln ab und zu verkneifen.
Als Beispiel: Während eines langen Kamerafluges durch eine belebte Stadtszene hat der Zuseher Zeit, sich einzelne Dorfbewohner genauer anzusehen, dem Dorfgeschehen beizuwohnen. Hierbei wird dann auch der etwas “harte”, sehr detaillierte Blick auf die Einwohner gerichtet, die – ähnlich einem Making-Of oder Behind-the-Scenes-Feature, als in farbenfrohe Lederkleidung gehüllte Statisten auf einem Filmset zu erkennen sind. Dies nimmt dem Hobbit vereinzelt seinen Fantasy-Charakter und holt den Kinogänger unbewusst auf den Boden der Realität zurück. Um Filmtermini zu verwenden: Die Suspension of disbelief (zu deutsch: Willentliche Aussetzung der Ungläubigkeit) funktioniert nicht mehr, kurzzeitig zumindest.
Glücklicherweise wirkt Regisseur Peter Jackson, der ja auch schon für die chronologisch anschließende Herr der Ringe-Trilogie verantwortlich war, entgegen: Er lässt den Zuseher mit bombastischen Actionsequenzen und ebensolchen Spezialeffekten, die die zweite Filmhälfte (die besuchte Vorführung beinhaltete leider eine nervtötende Pause) dominieren, kaum Zeit zum verschnaufen. Gewohnt souverän spielt Jackson sein Talent für actionreiche Inszenierungen aus, vermengt geschickt CGI-Effekte mit tatsächlichen Akteuren vor der Kamera und lässt das Kinopublikum staunend vor der Leinwand erneut in eine Fantasywelt eintauchen – Eskapismus aus dem Lehrbuch, wenn auch nur dank technischer Hilfestellung.
Die Verbindung der höheren Bildfrequenz spielt auch positiv mit der verwendeten 3D-Technik zusammen, Jackson selbst meint dazu: „With 3D your left and right eye, both of your eyes are seeing a different picture, because the two cameras are filming different pictures, you’re stetting strobing and motion blur and the artifacts of 24 frames. Your brain is trying to fit this stuff together, and the more artifacts in the capture, like when you’re panning and things are moving or strobing, your brain is struggling to resolve these two pictures. 48 reduces the artifacts, so it does make for a smoother experience.“ Dies kann nur bestätigt werden.
Auch wenn man nicht sonderlich begeistert von Jacksons dreiteiliger Umsetzung der knapp 300 Seiten umfassenden Tolkien-Geschichte sein mag, so sollte man sich dieses Spektakel doch zu Gemüte führen – und sei es nur der Tatsache willen, das es in der im Kino aufgeführten 48fps-Fassung in 3D ein einmaliges (technisches) Erlebnis darstellt, gegen das im direkten Vergleich sogar der ungerechtfertigt gehypte Avatar von James Cameron nicht ankommt. Fraglich bleibt auch die Tatsache, ob das eigene Heimkino jemals genau die intendierten Effekte auf den Bildschirm zaubern wird können, die nun auch die in heimischen Gefilden aufgerüsteten Kinosäle (endlich?) bieten.