Interview mit Sönke Wortmann
Nach dem Historiendrama „Die Päpstin“ und dem Fußball-Dokumentarfilm „Deutschland. Ein Sommermärchen“ ist der deutsche Regisseur Sönke Wortmann zum Genre der Komödie zurückgekehrt. Sein neuer Film „Das Hochzeitsvideo“, eine romatic comedy über eine Hochzeit voller Pleiten und Pannen, der als die deutsche Antwort auf „Hangover“ gilt, startet am 11. Mai 2012 in Österreichs Kinos. pressplay hat Sönke Wortmann in Wien zu einem Gespräch getroffen.
pressplay: Herr Wortmann, eingangs gleich die Frage, wie kamen Sie auf die Idee zu diesem Film?
Sönke Wortmann: Die Idee zu diesem Film ist nicht von mir, sondern von einem der drei Produzenten, Christian Müller, der mir auf der Berlinale gesagt hat: „Ich hab eine Idee, lass uns „Blair Witch Project“ auf Komödie versuchen, also das Found Footage Genre ein bisschen zu erweitern – raus aus dem Horror Bereich und rein in die Komödie.“ Das hat für mich sofort Sinn gemacht, und es ging sehr schnell die Geschichte zu entwickeln und daraus dann das Drehbuch zu machen.
Wie hat sich der Dreh gestaltet? Halten Sie sich an das Drehbuch oder improvisieren Sie auch? Ich kann mir vorstellen, dass es sich anbot bei diesem Film zu improvisieren?
Das denkt man, ja, aber es ist gar nicht so gewesen. „Das Hochzeitsvideo“ ist eine Komödie und ob ein Witz zündet oder nicht, da kommt es sehr auf das Timing an. Hier war das Problem, dass wir kaum schneiden durften, und auch kaum geschnitten haben. Das heißt das Timing, was man ja sonst im Schnitt festlegen kann indem man eine Szene auf eine bestimmte Art und Weise schneidet, musste schon vor der Kamera gespielt werden. Das richtige Timing war also ziemlich schwierig. Deswegen wurde auch nicht improvisiert, sondern die Schauspieler mussten sich genau an das Drehbuch halten.
Der Film gilt ja im Vorfeld schon als die deutsche Antwort auf „Hangover“, nervt Sie dieser Vergleich oder war der beabsichtigt?
Mich nervt das insofern nicht, weil ich „Hangover“ wirklich für einen großartigen Film halte, also den ersten Teil. Den zweiten überhaupt nicht mehr, hab mich sehr geärgert. Aber insofern ehrt mich dieser Vergleich. Wie nah man da rankommt oder auch nicht, das ist ja auch immer Geschmacksache, aber es nervt nicht.
Das Finale des Films findet in der Kirche statt. Der Ex-Freund der Braut stürmt herein mit den Worten „Haben Sie schon gefragt ob jemand was gegen die Hochzeit hat?“ und der Pfarrer antwortet gelangweilt, dass es das nur in amikanischen Filmen gäbe. Kann „Das Hochzeitsvideo“ auch als Parodie auf den amerikanischen Film verstanden werden?
Die Kirchenszene am Schluss fällt ein bisschen raus, da haben wir das Konzept sehr verlassen. Es war wichtig, dass es da noch einmal richtig kulminiert. Für mich war die Gratwanderung einerseits bei diesen superkitschigen amerikanischen Hochzeitsfilmen ein bisschen die Luft rauszulassen, also sie zu parodieren und gleichzeitig aber auch den Film romantisch genug zu behalten, dass man unserem Brautpaar noch die Daumen drückt. Es ist mit einem Augenzwinkern zu verstehn, aber auch als romantic comedy. Die Gratwanderung war uns da wichtig. Die Zuschauer wollen glücklich nach Hause gehen, da wollten wir noch mal dem Affen Zucker geben.
Die Geschichte an sich ist ja nicht neu, aber die Form in der sie gedreht wurde ist eine besondere, nämlich aus der Sicht einer Handkamera. War das schwierig für die Schauspieler als Figur im Film zu wissen, dass die Kamera da ist?
Nein, da haben wir sie schnell dran gewöhnt. Wir wussten ja am Anfang selbst nicht genau, wie wir das machen werden. Denn wenn jemand spricht, blickt er direkt in die Kamera? Oder wenn ich die Kamera weiter unten halte? Das haben wir für uns an einem Wochenende ausprobiert. Die richtige Mischung war dann sozusagen einmal reinzuschauen und einmal den Kameramann selbst anzuschauen. Für die Schauspieler selber war es nicht schwer, nachdem wir das einmal rausgefunden hatten. Es war immer ein Kameramann hinter der Kamera, also nie der Schauspieler. Wenn der Schauspieler Offtext hatte, dann stand er hinter dem Kameramann und hat gesprochen. Die Schauspieler haben immer mit dem Kameramann gespielt.
Man hat ja bei dem Film wirklich das Gefühl, dass der beste Freund des Bräutigams dreht, wie haben Sie das technisch gelöst, außer wenig zu schneiden?
Wir wollten die Handkamera nicht zu sehr wackeln lassen, weil ich Filme schon gesehen habe, wo einem in der zweiten Reihe schlecht wird – nicht nur in der zweiten, in der zwanzigsten auch, das war mir immer zu viel. Technisch haben wir festgelegt, dass es keine Filmmusik geben kann, sondern wenn Musik vorkommt, kommt sie entweder aus dem Radio oder auf der Party vom DJ.
Die Schauspieler sind junge Theaterschauspieler, bei den Hauptdarstellern war es der erste Kinofilm überhaupt, den sie gemacht haben. Warum haben Sie sich dafür entschieden Neulinge zu nehmen, Sie haben ja schließlich schon mit Berühmtheiten gedreht?
Das war Teil des Konzepts. Diese Authentizität, die ich wichtig finde für den Film, würde sofort flöten gehen, wenn jemand bekanntes mitgespielt hätte. Weil man hat sofort die anderen Rollen im Kopf, die derjenige schon gespielt hat. Ich selber arbeite auch lieber mit neuen Leuten, als mit denen die man schon kennt. Bei Wokalek weiß ich wie gut sie ist, ich weiß genau was ich kriege und hier ist das Risiko größer.
Nocheinmal zurück zur allgegenwärtigen Kamera. Es gibt ja immer wieder intimste Geständnisse vor der Kamera, trotz einem „mach die Kamera aus“ des Gegenübers. Ist das von Ihnen ein Zur-Schau-Stellen des gläsernen Menschen, dass wir einfach gewöhnt sind unser Leben auf Facebook zu veröffentlichen?
Nein, ist eigentlich kein Kommentar dazu. Ich wollte einfach nur eine Komödie drehen, einen möglichst guten Film, möglichst lustig. Das liegt aber auch daran, dass ich überhaupt nicht Internet-affin bin und noch nie in meinem Leben was hochgeladen habe. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich was verpasse wenn ich nicht bei Facebook bin. Aber Sie haben Recht, man hat sich dran gewöhnt. Der Film bildet ja auch eine gewisse Wirklichkeit ab. Man sagt zwar einmal, „mach mal‘ aus“, aber letztendlich ist es einem dann egal. Aber in diesem Fall hatte es auch dramaturgische Gründe – wenn er tatsächlich die Kamera ausmachen würde, würden wir etwas verpassen.
Zum Schluss noch: Haben Sie ein Video von Ihrer Hochzeit?
Nein, ich hab keines! Es hat zwar eine Bekannte von uns gedreht, aber wir sind tatsächlich noch nicht dazu gekommen es zu schneiden.
Würden Sie ihren Bekannten erlauben heute mit iPhone und Co. schon die Vorbereitungen zu drehen?
Ja, ich glaube schon. Ich bin zwar nicht scharf drauf, es würde mich am Anfang auch irritieren, aber letztendlich, ein Jahr später wenn es das Foto dann gibt, ist man froh. Oder das iPhone Video.