Interview mit Fiva
Rapperin, Autorin, Moderatorin und Texterin Nina Sonnenberg aka Fiva erobert die Stadt wieder für sich. Welche Stadt das ist und noch einiges mehr zu ihrem neuen Album „Die Stadt gehört wieder mir“ hat die sympathische Münchnerin Press:Play im Interview verraten. Nina Sonnenberg aka Fiva gehört zu den führenden Rapperinnen Deutschlands. Das Press:Play Magazin hat sich mit der Künstlerin in Wien getroffen und nachgefragt, von welcher Stadt sie in ihrem neuen Album „Die Stadt gehört wieder mir“ spricht, wie sie mit ihrem Erfolg umgeht und ob es irgendetwas gibt, was das Multitalent nicht kann.
Press:Pay Magazin: Hallo Fiva du hast ein neues Album namens „Die Stadt gehört wieder mir“ gemacht, erste Frage: Welche Stadt?
Fiva: Das variiert. „Die Stadt gehört wieder mir“ bedeutet ja letztendlich, dass es ein Ort ist den man wieder für sich erobert. Also es ist nicht so, dass ich nach München zurückgekehrt bin und gefühlt habe: “München ist wieder meine Stadt“. „Die Stadt“ ist gerade so offengehalten damit sich möglichst viele Menschen damit identifizieren können. Also nicht nur Münchner und Wiener – ich hoffe ein Grazer bezieht das auf Graz.
Ich möcht dir vorab gratulieren, der Ersteindruck vom neuen Album ist vielversprechend. Was auffallend ist: Du hast dir einiges an Instrumentarium ins Boot geholt, wie ist das mit ner größeren Band auf der Bühne zu stehen und nicht mehr im DJ, MC Duo? Ist das etwas das du weitermachen willst?
(Fiva: lacht) Du, ich hab das jetzt erst zwei Mal gemacht, also frag mich in einem Jahr nochmal ob ich das weitermachen will. Im Moment will ich es unbedingt machen. Es ist wirklich toll. Es war eine echte Herausforderung, wenn man, wie ich, drei Alben auf samplebasierten Beats gemacht hat, ist man gewöhnt zu sagen: “Hey mach mal ’n Break, da rap ich drüber. Oder Stop mit dem Beat!“. Dieses Mal war es mehr so: „da kommt ein Geigensolo, da komm ich nicht dran vorbei“. Es ist mehr Zusammenspiel, also eine ganz besondere Art von Teamwork, weil es nicht drei Menschen waren, sondern bis zu Sieben, die mitgewirkt haben. Ich kann mir auf jeden Fall vorstellen das weiterzumachen, aber ich würde nicht ausschließen, auch wieder ein samplebasiertes Album zu machen.
Rein von der Thematik klingt das neue Album so, als wärst du lange weg gewesen. „Hier bin ich wieder, hier lebe ich wieder. Ich bin wieder hier, die Stadt gehört wieder mir, ich hab was überwunden.“ Was steckt dahinter?
Ich habe einfach das Album gemacht, das war schon eine große Überwindung. Nein, ich hab nichts Besonderes erlebt, ich war nicht ein Jahr in Amerika und jetzt bin ich wieder in Deutschland. Es ist im Vergleich zu den anderen Alben ein fröhlicheres und vielleicht sogar ein leichteres Album. Mit „Die Stadt gehört wieder mir“ wollte ich ein positives Lied schreiben. Ich frage mich, was für positive Gefühle hab ich denn? Und eines der Schönsten ist es, wenn man einen Ort wieder für sich entdeckt.
Es klang für mich ein wenig nach Trennung.
Das stimmt! Ich habe mich auf ein Thema festgelegt. Ich hätte natürlich auch erzählen können „Juhu Uni-Abschluss gemacht, die Stadt gehört wieder mir“. Es ging um Trennung, weil ich glaube, jeder der schon einmal verlassen wurde weiß, dass eines der geilsten Gefühle auf der Welt ist: „Geil, in dem Café saßen wir, aber jetzt hab ich grad gar nicht drüber nachgedacht. Das hab ich ganz vergessen“ oder „ich hab ne Stunde nicht mehr an meine Ex – Freundin gedacht und dann sind es auf einmal zwei Stunden und dann zwei Jahre“. Diese Leichtigkeit, wenn man sich wieder auf sich fokussieren kann. Ich hab mich jetzt eine Stunde unterhalten und an nicht anderes gedacht als an diesen einen Moment – das ist eines der besten Gefühle. Dieses „Die Stadt gehört wieder mir“- Gefühl kriegst du nur, wenn sie dir mal nicht gehört hat. Wie bei allen schönen Dingen muss erst einmal etwas Schwierigeres überwunden werden, um sie wirklich schätzen zu können. Also keiner von uns ist mehr eine Glücksjungfrau.
Was mir beim Hören aufgefallen ist, ist der Track Muli oder Mensch. Da gehst du ganz schön hart mit den Leuten ins Gericht: „Bist du Ursache oder Wirkung oder eher Tendenz – Bist du Muli oder Mensch?“ Das klingt ein wenig nach Rundumschlag gegen alle, ist das ein Aufruf an die Leute: Denkt mal nach was ihr so tut?
Also ein Rundumschlag ist es nicht. Es ist ja nicht so, dass ich verurteile. Man kann ja auch sagen, ich bin total zufrieden so, wie es ist. Ich verarbeite unter anderem die Geschichten der Menschen in meinem Umfeld in meinen Texten. In meiner Generation werden die Menschen halt ganz schön arg hergenommen. Vor allem jene, die gerade das erste Mal einen Job bekommen und nicht mehr Praktikanten sind, haben es echt schwer. Sie arbeiten rund um die Uhr und vernachlässigen ihre sozialen Kontakte. Das betrifft mich ja auch. Ich arbeite echt hart und frage mich dann hin und wieder auch, was ich hier eigentlich mache. Bin ein Muli oder ein Mensch? Ich finde übrigens, dass man sich diese Frage öfter stellen sollte.
Aber wenn man deine Karriere betrachtet, denkt man sich eher: Wow die macht irgendwie alles was sie will, in sämtliche Richtungen. Von Autorin über Moderation, das klingt doch eher nach dem Mensch sein als dem Zahnrad in der großen Maschinerie.
Ja, aber das muss ich mir auch immer wieder hart erkämpfen. Wenn du einen Lebenslauf im Nachhinein liest, klingt das immer so schön. Fertig mit dem Studium und sofort weitergemacht. Was du dazwischen alles erlebt und gefühlt hast, erfährt niemand. Der Preis alles Machen zu dürfen was man will bedeutet auch sehr kompromisslos zu sein und viele Dinge auch nicht machen zu können. Man kann halt jeden Tag entscheiden, wie man leben möchte. Die Selbstbestimmung ist wichtig.
Ich hab heute etwas schönes gelesen: Man hat dich als Singer/Songwriter – MC bezeichnet. (Fiva: Das freut mich, ein schöner Vergleich) Wie siehst du dich selber? Du bist Musikerin, Autorin, Moderatorin. Wie siehst du dich verortet?
Ich bin Künstlerin. Bei allen Dingen, die du gerade aufgezählt hast. schreibe und spreche ich.
… „ich mach immer dasselbe und verkauf es auf verschiedene Arten“?
Wenn man es so negativ ausdrücken will, ja. Beim „Marker“ (Anm. d. A.: ZDF Kulturjournal) bin ich ja nicht als Moderatorin eingekauft. Das ist ein Magazin, wo die Moderatoren eher Präsentatoren sind und subjektive Texte zu diversen Beiträgen schreiben. Und genau dasselbe mache ich beim „Ponyhof“ (Anm. d. A.: FM4 Radiosendung), wo ich über Texte und Ideen rede, die mir grad gefallen. Dementsprechend mache ich auch nichts anderes in meinen Liedern, nur dass da Musik drunter ist. Es ist eine Subjektivität, die biete ich an. Künstlerin zu sein bedeutet für mich einfach, dass ich mich ausdrücken kann. Wenn ich noch malen würde, wäre ich immer noch mehr Künstlerin. Ich kann aber nicht malen.