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Waves Vienna 2017: Überraschungen und ein Ausnahmetalent am zweiten Festivaltag

Der Freitag stand heuer ganz im Zeichen der Labels. In der WUK Halle residierte Warner Music, im Foyer seayou records. Außerdem war es, musikalisch gesehen, der wahrscheinlich außergewöhnlichste und überraschendste Tag des Wochenendes. Der zweite Tag am Waves Festival begann diesmal schon etwas früher. Für Produzenten, Künstler und jeden, der sich für musikalische Hintergründe, Musikwirtschaft- oder Journalismus interessiert, fand heuer die Waves Vienna: Conference statt. Zwischen 10 und 16 Uhr wurden verschiedene Workshops angeboten, es gab Vorträge zur Digitalisierung in der Musikausbildung und der Musikszene in Tschechien und Italien.

Abends gab es dann natürlich auch wieder was auf die Ohren. Zwei Stages mehr als am Vortag wurden bespielt. Auf der neu dazu gekommene Skip Stage gab es vor allem Elektropop aus verschiedenen Ländern: I wear* Experiment aus Estland, das heimische Duo Lea Santee und den Belgier Témé Tan. Auch auf der Open Air Stage wurde die Elektropop Schiene gefahren, jedoch gab es bei Lex Audrey auch ein paar rockige Einflüsse.

Auch die Ottakringer Stage war wieder gut besucht. Hielt sich der Andrang bei Fai Baba oder lilly among clouds noch in Grenzen, so mussten die Veranstalter den Zugang zur Stage kurz vor Beginn des Forest Swords Konzerts schließen, da die räumliche Kapazität schlichtweg nicht ausreichte. Der Brite wäre wohl in der, um einiges größeren WUK Halle besser aufgehoben gewesen.

Elektronische Musik gab es aber auch dort und so kamen auch die Besucher, die es nicht mehr zur Ottakringer Stage schafften, auf ihre Kosten. Die Australierin E^ST spielte ein einwandfreies Set, wo man zuvor noch das Berliner Indie-Pop Duo Klan bestaunen konnte. Etwas enttäuschend war dann aber, was sich im WUK Foyer abspielte. Zwar spielten It’s the Lipstick on your Teeth ein echt cooles Konzert, welches sie mit einem großartigen Deftones Cover beendeten, aber was danach kam, ließ bei den meisten Musikfans ein fettes Fragezeichen im Gesicht zurück: Viele hatten gespannt auf die neue Band rund um Ex-Franz Ferdinand Gitarristen Nick McCarthy gewartet, umso größer war die Enttäuschung. Jeder Move von Das Lunsentrio, von den Outfits, über das Gstanzl-Singen bis hin zur Blockflöte, schrie den gesamten Auftritt über nach Midlifecrisis. Einige Zuschauer feierten den Stilbruch sichtlich, jedoch war nicht erkennbar ob sie dies aus Gefallen taten, oder weil sie sich über den Auftritt lustig machten.

Große Überraschung und mit Abstand das Highlight des Abends war das Ausnahmetalent Wandl. Auch wenn die meisten ihn sonst nur in Verbindung mit der österreichischen Cloudrapszene kennen, bewies er am gestrigen Abend, dass er definitiv ein ernst zunehmender, eigenständiger Künstler ist. Er hatte die Ehre, in der atemberaubend schönen Gamechanger Church spielen zu dürfen und holte bei seinem Auftritt wirklich jeden einzelnen Zuschauer ab. Durch eine Mischung aus großartiger Lightshow, Acapella Gesang, experimentellem Klavierspiel, smoothen Beats und humorvollen Ansagen zwischendurch überzeugte der sympathische Niederösterreicher – die Latte für die heutigen Acts, dies noch zu übertreffen, liegt nun wirklich ausgesprochen hoch. Am letzten Tag versuchen dies unter Anderem Jugo Ürdens, Client Liaison und J. Bernardt!