Mother!-(c)-2017-Paramount-Pictures-Germany-GmbH(5)

Mother!

4
Horror

Ein Rufzeichen ohne dem vorangestellten Mother wäre ein passenderer Titel für Darren Aronofskys allegorisch überfrachteten Egotrip, der den Mangel an dramaturgischem oder ästhetischem Gehalt mit betäubender Hysterie kaschiert, die mehr enerviert statt unterhält.

Der passende Marker dafür ist das fette Ausrufezeichen, das zu Beginn der zweistündigen Religious Horror Picture Show (ohne spaßige Tanzeinlagen und Gags) nach dem Abblenden des Titels auf der Leinwand prangt. Die in zwei Etappen unterteilte Parabel über die Schaffenskrise eines berühmten Autors (Javier Bardem) will Unmengen an politischen, sozialen, psychologischen und persönlichen Statements machen und versinkt dabei visuell und narrativ buchstäblich im Chaos. Grusel-, Knall- und Schockeffekte wachsen vom Schwelbrand zum Inferno, ohne dass letztlich ein Funke überspringt.

Die Märtyrer-Tortur der Hauptfigur (Jennifer Lawrence) verkümmert zum selbstgenügsamen Showeffekt. Drama, Baby! Das scheint nicht nur Motto der Symbolschlacht im Wohnsitz des namenlosen Paares, sondern die Definition von Lawrence‘ Figur. Die junge Frau ist in den Credits schon immer die „mother“, die sie im zweiten Akt des bühnenhaften Brimboriums wird. Alle Protagonisten sind Archetypen, die jedoch statt gesellschaftlicher Klischeebilder die im Kopf des Regisseurs demaskieren: Männer sind Künstler, Poeten, Schöpfer. Frauen sind höchstens Hobbyhandwerkerinnen, die nichts gemacht kriegen – außer Babys. Und bekanntlich geht auch Babymachen nicht ohne männlichen Input. Darum plagt der unerfüllte Kinderwunsch Lawrence‘ aufopfernde Gattin, die das Haus renoviert und „Ihn“ bekocht, damit „Er“ ungestört Genie sein kann.

Das trinkende, frivole Kontrastbild ist Michelle Pfeiffer als „Frau“. Sie und der kettenrauchende „Mann“ (Ed Harris) vertreiben als Überraschungsgäste die Langeweile des Autors, der sie zu eben diesem Zweck herbeizitiert zu haben scheint. Dem „Mann“ fehlt eine Rippe, er und die „Frau“ übertreten ein Verbot und einer ihrer beiden Söhne (Domhnall und Brian Gleeson) erschlägt den Bruder. Selbst wer bei der nächsten Wahl nicht die bibeltreuen Christen favorisiert, hat die Story schon mal gehört. Ist Bardems Charakter mit dem auffällig großgeschriebenen Pronomen etwa …? Oh, welch Tiefgründigkeit! Welche künstlerische Provokation! Trotz formidabler Besetzung bleibt die prätentiöse Apotheose so aufgesetzt wie der gewollte Affront. Bei Monty Python war das Ganze witziger. Und intelligenter.

Regie und Drehbuch: Darren Aronofsky, Darsteller: Jennifer Lawrence, Javier Bardem, Ed Harris, Michelle Pfeiffer, Domhnall Gleeson, Brian Gleeson, Filmlänge: 121 Minuten, Kinostart: 14.09.2017