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Käptn Peng und die Tentakel von Delphi – Das nullte Kapitel

8
Hip Hop

Die fünf mit der Kreismacke sind wieder da und überraschenderweise hat die Band um Robert Gwidsek diesmal wirklich Neues mitgebracht, aber gleichzeitig gewohnt absurd verpackt.  Der Kreis wird außen vorgelassen und seinen Platz nimmt – wer hätte das gedacht – die Realität ein. Das nullte Kapitel ist nicht nur persönlich, sondern auch politisch und textlich weniger mehrdeutig denn je. Ob die Zeit der Poetry Slams nun vorbei ist oder nicht, die Entscheidung Das nullte Kapitel mit einem gesprochenen Text zu eröffnen ist so oder so naheliegend und adäquat.

Textlich erinnert das gleichnamige Intro genauso wie der erste Song Spiegelkabinett an die gewohnten Zeiten mit Kreis und O. Die vermeintlich allwissende Stimme, die zum Ich spricht und Anweisungen gibt, ist schon immer Teil von den Texten des Käptns gewesen und strahlt so eine gewisse bekannte Wärme aus. Positiv fallen von Beginn an der ausgeglichene Mix und gutes Arrangement auf. Verdrehte Wörter und Sätze gibt es natürlich wie eh und je.

Wirklich interessant wird das Album aber erst mit Neue Freunde. Aus heiterem Himmel lichten sich die Wolken aus surrealen Text- und Wortgebilden und es kommen politische Statements zum Vorschein. Das ist anfangs vor allem ernüchternd. Die Traumwelt ist zerplatzt: Hinter dem Käptn steckt eine reale Person, die nun die Illusion einer komplett verdrehten Gedankenwelt fallen lässt. In Neue Freunde werden Einhörner und Fantasiemonster nämlich auf die Ersatzbank geschickt. Stattdessen gibt es ausgefinkelte Botschaften gegen Nationalismus und für mehr Empathie.

Schließlich ist der Vorhang gefallen und die Person hinter Käptn Peng tritt immer stärker zum Vorschein. So setzt er sich in Gelernt mit Aussagen wie “Heidi Klumm hat leider zu viel Scheiße in dein Herz gepumpt” und “Du redest deinem Körper ein er wär’ nicht perfekt” eindeutig gegen Bodyshaming und für mehr Selbstbewusstsein im Bezug auf den eigenen Körper ein. Den Höhepunkt dieses neuen “realen” Käptn Peng bietet aber eindeutig Tango im Treibsand. Ein Song über Liebe, der so kitschig und intim ist, wie eine Ballade von Philipp Poisel. (Nur dass Tango im Treibsand dagegen wie ein Opus Magnum wirkt.)

Kritik am Menschen an sich ist dagegen nicht unbedingt etwas Neues, das gab es schon  in Platz da auf dem vorletzten Album. Diese Kritik greift Käptn Peng in MC HomoSapiensSapiens (“Ich bin hochbegabt, aber blind. Millionen Jahre alt, aber immer noch ein Kind.”) wieder auf und stellt dabei das “Sein” an sich als komplette Absurdität da.

Musikalisch ist Das nullte Kapitel noch ein Stück ausgefeilter, als die Longplayer davor. Die sich über weite Teile des Albums erstreckenden verspielten Melodien sind erwachsener geworden und die Arrangements sind stilsicher. Auch rhythmisch ist Das nullte Kapitel deutlich einfallsreicher als beispielsweise Expedition ins O.

Absurdes Mindgefucke rund um Erkenntnistheorien, politische Statements und Liebe: Diesmal ist für jeden etwas dabei und das macht Das nullte Kapitel in Verbindung mit herausragender musikalischer Leistung der Instrumentalisten zu einem beeindruckenden Stück Hip-hop.

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