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Hacksaw Ridge – Die Entscheidung

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Kriegsfilm

Die blutige Eröffnungsszene der Geschichte des hochdekorierten US-Soldaten, der den Dienst an der Waffe verweigerte, wirft einen mitten ins Inferno. Gemeint ist nicht die Hölle des Krieges, sondern die der richtig schlechten Hollywoodkinos.

Mel Gibsons fünfte Regiearbeit Hacksaw Ridge – Die Entscheidung lässt keinen Zweifel daran, dass der für seine krude Weltsicht bekannte Mime hinter der Kamera noch unfähiger ist als davor. Die ersten Bilder verdienen besondere Anerkennung als Quintessenz dessen, was eine packende reale Story zur lachhaften Leinwandfarce degradiert. Granaten krachen, Gewehre rattern, Soldatenkörper werden zerfetzt. Im Angesicht dieses studiogemachten Schreckens halten beinharte Kerle in eiserner Kameradschaft zusammen, während der pompöse Soundtrack alles in einer Soße aus Pathos ertränkt. Der überstilisierte Heroismus im Kampf gegen die entmenschlichten Japaner ist der erste von ungezählten Einsätzen von Gibsons Lieblingsstilmittel: Zeitlupe. Die verlangsamten Sequenzen sind so zahlreich, dass es auffällt, wenn die Ereignisse einmal nicht im Schneckentempo ablaufen.

Würde der gesamte Film in Normalgeschwindigkeit laufen, wäre er geschätzt halb so lang. Aber knapp 80 Minuten reichen nicht, um den toxischen Cocktail aus Religions- und Kriegspropaganda ordentlich wirken zu lassen.Wenn ein Kamerad den jungen Waffenverweigerer Desomond Doss (Andrew Garfield) spöttisch fragt, ob er dem Feind an der Front „mit deiner Bibel hauen“ wolle, hört man Gibson fast off Kamera lachen. Der Regisseur zieht dem Publikum andauernd eines mit dem Gottesbuch über, und zwar so, dass es weh tut.

Desmonds Bibel ist dramaturgisch mindestens so wichtig wie er selbst, ihr Inhalt seine einzige erkennbare Motivation. Die Drehbuchautoren Robert Schenkkan und Andrew Knight scheren sich einen Dreck um die Psyche der wandelnden Klischees, die Desmonds Säufervater (Hugo Weaving), hilflose Mutter (Rachel Grifffiths) und charakterlose Freundin (Teresa Palmer) abgeben. Jede moralische Haltung entspringt bei Gibson allein dem christlichen Glauben. Die einzigen nicht-christlichen Figuren sind wohlgemerkt die mit Ungeziefer gleichgesetzten Japaner.

Die wollen sterben“, sagt ein Army-Buddy über die Gegner. Wer die zu verschlagenen Monstern verzerrten Feinde massakriert, tut ihnen nach dieser Logik gar einen Gefallen. Trotz eines karikaturesken Ausflug auf Full Metal Jacket-Territorium ist der Wehrdienst eine lustige Sache und wird als einzig richtige und anständige Option für einen jungen Mann dargestellt. Das Letzte, was das schmalzige Splatterepos will, ist das martialische Männlichkeitsbild, das Wehrdienstunfähige aus Desmonds Heimatort in den Suizid treibt, kritisieren.

Schaler Patriotismus ölt die Propagandamaschinerie, die den Fronteinsatz fürs Vaterland in einer salbungsvollen Gewaltorgie glorifiziert. Wenn Desmond auf der titelgebenden Klippe seine Forrest Gump-Nummer in der Endlosschleife abzieht und sogar eine Granate wie einen Baseball weghaut, erscheint das Schlachtfeld endgültig als brutal geiler Spielplatz, wo jeder auf seine Weise mitspielen kann. Das Leben eines Kampfverweigerers wird zum Werbefilm für den Wehrdienst pervertiert. Und über allem prangt der Satz „Eine wahre Geschichte.

Regie: Mel Gibson, Drehbuch: Robert Schenkkan, Andrew Knight, Darsteller: Andrew Garfield, Hugo Weaving, Vince Vaughn, Teresa Palmer, Sam Worthington, Rachel Griffiths, Filmlänge: 131 Minuten, Kinostart: 27.01.2017