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Guild Wars 2

9
RPG

Seit einem Jahr werden die WoW-Killer jetzt praktisch im Drei-Monats-Takt angekündigt: Rift, Star Wars: The Old Republic und The Secret World durften ihre Ambitionen auf Blizzards Thron schon zur Schau stellen, während NCsofts Spross mit einer Verspätung nach der anderen zu kämpfen hatte. Der 28. August beendete diese Serie nun mit dem endgültigen Release von Guild Wars 2.  Bei der Story setzt Guild Wars – im Gegensatz zu SW:ToR oder TSW – ganz auf ein typisches High-Fantasy-Setting und muss sich daher zumindest auf dieser Ebene den Vergleich mit dem Branchen-Riesen gefallen lassen. 250 Jahre nach dem Ende des ersten Teils und dessen Erweiterungen angesetzt, hat Guild Wars 2 alles, was ein modernes Fantasy-Rollenspiel braucht: Drachen. Diese sorgen dafür, dass der Konflikt des Vorgängers zwischen den verschiedenen Rassen in den Hintergrund gerät, um die neue und vielfach größere Bedrohung gemeinsam abwehren zu können.

So austauschbar das Setting auch sein mag: Bei der Umsetzung der Geschichte hat NCsoft alles daran gesetzt, auch den letzten Lore-Muffel in ihren Bann zu ziehen. Maßgeblich dafür verantwortlich ist die „Personal Story“, die sich schon beim Erstellen des eigenen Charakters bemerkbar macht. Neben den fünf verfügbaren Rassen und acht verschiedenen Klassen muss man sich auch für eine Hintergrundgeschichte entscheiden und dafür – ganz klassisch – einige Fragen beantworten. Im Spielverlauf wird man dann immer wieder mit den gegebenen Antworten konfrontiert. Um die persönliche Storyline noch weiter zu vertiefen, gilt es, an einigen Stellen das Geschehen selbst in die Hand zu nehmen und den weiteren Spielverlauf durch die eigenen Entscheidungen direkt zu beeinflussen.

Neben der Etablierung eines richtigen Main-Quests (ähnlich wie in SW:ToR), und der damit einhergehenden Linearisierung der Narration über Karten-Grenzen hinweg, verabschiedet sich Guild Wars 2 im Gegenzug von einem fixen Bestandteil praktisch aller Nicht-Sandbox-MMOs: Quest-Hubs und das in mittlerweile allen Variationen gesehene „Rufzeichen-Fragezeichen“-System kommen nicht mehr zum Einsatz. Stattdessen setzt man auf dynamische Events, die das eigenständige Aufdecken der Karte und ihrer Geheimnisse fördert und damit ganz im Gegensatz zur eigenen, linearen Storyline stehen. Dieses Konzept verdeckt das ständige Mob-Grinden geschickt und vermag auch auf Dauer zu motivieren.

Diese Änderungen werden auch im Detail fortgeführt und revolutionieren das Genre subtil. So muss man sich fortan zum Beispiel nicht mehr für eine einzige Gilde entscheiden und kann so den Konflikt zwischen „mit Freunden spielen“ und „weiterkommen“ endlich beilegen. Dank des Event-Systems würde man, entgegen des Titels, sogar ohne Gilde auskommen, denn meistens findet sich zumindest eine kleine Gruppe zusammen, die das selbe Ziel verfolgt – ganz ohne Verpflichtungen. Wer es eher vorzieht, andere Spieler zu bekämpfen als sich mit ihnen zu verbünden, findet in Guild Wars 2 neben klassischen PvP-Begegnungen auch einen neuen WvW-Modus, bei dem drei verschiedene Server um die Vorherrschaft kämpfen.

So modern Guild Wars 2 bei der Spielmechanik auftritt, so konservativ gibt sich der Titel bei der Präsentation. Die von üppigen Farbtönen geprägte Optik verzichtet auf exotische Hardware-Anforderungen zugunsten größerer Kompatibilität ebenso wie auf radikale Änderungen im Interface – wer den ersten Teil, World of Warcraft, oder irgendein anderes MMO der letzten Jahre gespielt hat, wird sich schnell zurecht finden. Der Soundtrack stammt aus der Feder Jeremy Soules, der schon für die akustische Untermalung des Vorgängers (und anderer namhafter Titel, z.B. der Elder Scrolls-Reihe) verantwortlich zeichnet und auch diesmal für die richtige Stimmung sorgt. Auch beim vermutlich heikelsten Thema rund um MMOs, dem Bezahlsystem, geht NCsoft einen eigenen Weg – wie beim Vorgänger entgeht man der Problematik rund um monatliches Abo oder Free-to-Play mit dem „Buy-to-Play“-Modell, bei dem man einmal bezahlt und danach unbegrenzt spielen kann. Ganz Genre-typisch gibt es auch einen Cash-Shop, der sich aber, genug Ehrgeiz vorausgesetzt, gänzlich umgehen lässt: Die dort verwendete Währung lässt sich auch gegen virtuell verdientes Geld eintauschen – so bleiben selbst Spieler ohne Kreditkarte nicht außen vor.

Guild Wars 2 macht mit den vielen Zwängen im MMO-Genre eindrucksvoll Schluss: Ohne Questhubs, aber vor allem ohne Bindungspflicht auf sozialer wie finanzieller Ebene eröffnet der Titel einer viel breiteren Zielgruppe die Welt der Online-Rollenspiele. Statt ständiger Wiederholung der bewährten Konzepte mit feinen Änderungen in der Optik setzt Guild Wars 2 auf Innovation an Stellen, die seit dem Release von World of Warcraft vernachlässigt oder einfach als festgelegt angesehen worden sind – auch Pandas werden da nicht mehr über den verpassten Fortschritt hinwegtäuschen können.

Plattform: PC (Version getestet), Altersfreigabe (PEGI): 12,Erscheinungsdatum: 28.08.2012