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Spec Ops: The Line

8
Action-Adventure

Ein Third-Person-Shooter mit dezenten taktischen Elementen, On-Rail-Einlagen, in einem modernen Setting und in der Hauptrolle ein amerikanischer Soldat, gesprochen von Nolan North?

*Gähn* könnte man sich auf Anhieb denken, doch “Spec Ops: The Line” stellt dann doch mehr dar als die Summe der gelisteten Details. In einem undefinierten Zeitraum zerstören mehrere Sandstürme die Wüstenstadt Dubai (Vereinigten Arabischen Emirate), worauf hin das berühmt-berüchtigte 33.US-Battallion unter der Führung von Colonel John Konrad mit der Evakuierung der Zivilbevölkerung beauftragt wird. Nach knapp sechs Ereignis- sowie ergebnislosen Monaten erreicht die US-Führung ein merkwürdiger Funkspruch Konrads, der den Einsatz eines dreiköpfigen Spezialteams (Delta Team bzw. Delta Squad) zur Klärung der Situation hervorruft. Als Anführer jenes abgebrühten Trios übernimmt der Spieler als Captain Martin Walker, der kurzzeitig Konrads Weggefährte war, das Kommando.

Die in “Spec Ops: The Line”verwendete Steuerung folgt dem althergebrachten Schema des Shooter-Genres: zwei schnell wechselbare Waffen, Granaten, ein Standard-Deckungssystem, einfache Teamkameraden-Kontrolle und eine kleine Prise Slow-Motion bei gelungenen Kopfschüssen versetzen erstmal keinen Kenner jenes Spieltypus in Begeisterung. Doch die unheilsschwangere Atmosphäre gepaart mit der recht interessanten Location sowie den vielen Anleihen auf den Roman “Heart of Darkness” von Joseph Conrad bzw. den Anti-Kriegsfilm “Apocalypse Now” von Francis Ford Coppola, der auch auf jene Vorlage aufbaut, ergibt im weiteren Spielverlauf dann doch ein sehr interessantes Endprodukt ab.

Als Spieler erkennt man recht bald, das all jene vermeintlich unoriginellen, alteingesessene Merkmale des Third-Person-Shooters, die hier zu tragen kommen, nur eine Art Ablenkungsmanöver darstellen, um in die “Sicherheit” der Spielweise jenes Genres versetzen zu werden. Ein Vergleich zu einem Horrorfilm liegt auf der Hand: In den ersten Szenen wird eine heile, intakte Welt präsentiert (in “Spec Ops: The Line” stellt dies jenes Shooter-Szenario mit 08/15-Elementen dar), die nach und nach immer grausamer dekonstruiert wird. 

“Spec Ops: The Line” punktet hier in mehreren Gebieten: Zum einen vermag die ausreichend lange Single-Player-Kampagne mit einigen schwerwiegenden, moralischen Entscheidungen sowie einem recht schockierenden Abschluss zu punkten, welcher gerne zu einem erneuten Durchspielen einlädt; zum anderen schafft es die Story durch viele tatsächlich schockierende Szenen, den Spieler zum Nachdenken über das Genre anzustoßen (oder sogar über das außenpolitische Gebahren der USA unter der Führung von George W. Bush, aber das geht vielleicht zu weit).

So interessant die Ansätze und auch Ausführungen auf der Handlungsebene von “Spec Ops: The Line” sind, so durchwachsen präsentiert sich das tatsächliche Gameplay mancherorts. Abseits der durchgehend schlauchförmigen Level-Abschnitten bietet nur die eine oder andere On-Rail-Shooter-Einlage Abwechslung im etwas zu konventionell gestalteten Cover-Shooter. Auch die künstliche Intelligenz sowohl von Gegner als auch Mitstreitern lässt oftmals zu wünschen übrig. Der integrierte Multiplayer-Modus punktet zumindest mit der Einbettung von unregelmäßigen Sandstürmen, welche zur allgemeine Verwirrung beitragen, bietet sonst allerdings nur Einheitsbrei. 

Eine Reise ins Herz der Finsternis stellt “Spec Ops: The Line” zumindest in Sachen moralischer Implikationen und mitreißendem Handlungsgefüge dar – hätte man noch etwas mehr Wert auf spielerische Vielfalt und anspruchsvolleres Gameplay gelegt, würde dem Titel sicherlich mehr (verdiente) Aufmerksamkeit eingeräumt werden.

Plattform: PC, PS3 (Version getestet), Xbox 360, Altersfreigabe (PEGI): 3, Spieler: 1-2 (kooperativ), 2-16 (online), Erscheinungsdatum: 29.06.2012