Heavy-Rain-©-2010-Sony

Heavy Rain (Move Edition)

9
Adventure

Wer hätte heutzutage noch gedacht, das ein unkonventionelles, nicht komplett auf den Mainstream getrimmtes Videospiel wie Heavy Rain, welches noch dazu KEIN First-Person-Shooter irgendeiner Art ist, so ein großes Aufsehen erzeugen kann? Am besten zu definieren als interaktiver Film-Noir, setzte Entwicklerstudio Quantic Dream neue Maßstäbe in Sachen innovativen Spieldesign. Die zentrale Frage von Heavy Rain – „Wie weit würdest du gehen, um jemanden zu retten, den du liebst“ – legt die dramaturgischen Karten der Story vorweg auf den Tisch: Ein Serienkiller treibt sein Unwesen in einer ständig verregneten (Titel!) Ostküstenstadt in den USA und sein Handeln beeinflusst mehrere spielrelevante Charaktere maßgeblich. Die zentrale Rolle übernimmt der anfangs beinahe unerträglich mit Glück und Zufriedenheit gesegnete Familienvater Shaun Mars, dessen Leidensweg als roter Faden durch das Handlungsgerüst dient.

Scott Shelby, der verständnisvolle und zugleich kompetente Privatdetektiv, übernimmt den Part des hinter den Kulissen ermittelnden Sympathieträgers, während der dritte Hauptcharakter von Heavy Rain, FBI-Agent Norman Jaden, mit Engagement, Übereifer und technischer Finesse einen bleibenden Eindruck beim Spieler hinterlässt. Als weiblicher Konterpart zur großteils männlich besetzten Figurenkonstellation gesellt sich noch die – wie könnte es auch anders sein – hübsche und selbstbewusste Fotografin Madison Page hinzu.

Was sich hier wie eine kurze Synopsis eines Hollywood-Streifens liest, wird überraschenderweise tatsächlich genauso präsentiert: Stimmungsvolle Szenerien, eine fortschreitend Suspense-aufbauende Handlung, erstklassige Dialogpassagen bzw. Sprecher, einige gekonnt eingesetzte Bildeffekte (zB. Split-Screens) und spannend inszenierte Actionsequenzen lassen Heavy Rain – nicht zuletzt dank famoser Optik – tatsächlich oft als Film erscheinen. Ein grundlegendes Problem liegt jedoch auf der Hand: Während ein Kinofilm innerhalb von 90 oder mehr Minuten seine Handlung entfaltet und (oftmals, aber nicht immer) abschließt, so wäre dieselbe Dauer für ein Videospiel natürlich enttäuschend. Dies umgeht Heavy Rain zwar teilweise mit seinen vier auf die Charaktere zugeschnittenen Handlungsebenen, leider kann nicht jede Ebene dieselbe Brisanz erzeugen.


Eine Anmerkung zur Move-Edition:

Auch wenn auf den ersten Blick die Verwendung von Sonys Bewegungssteuerung merkwürdig erscheint – die Umsetzung kann als sehr gelungen bezeichnet werden. Dank der präzisen Eingabemechanik, der geschickten Implementierung und der (fast) hundertprozentigen Erkennung jeder noch so kleinen Geste (z.B. das Drehen des Controllers/Handgelenks zum Starten eines Fahrzeugs mittels Zündschlüssel) macht Heavy Rain durch den Gratis-Patch für Besitzer des im Februar erschienen Spiels oder als Neukauf garantiert Spaß und wird Vorurteile gegen QTEs beiseite räumen.


Auch das Herzstück des Spiels, die „interaktive“ Steuerung, dürfte nicht jedermanns Sache sein, da es sich hierbei im Grunde nur um etwas raffinierte Quick-Time-Events (QTE) , also zeitlich getimte Eingabeaufforderungen, handelt und echte Bewegungsfreiheit kaum gegeben ist. Um dem entgegen zu wirken lässt die Story dem Spieler viele Möglichkeiten, in sie einzugreifen – was sogar so weit geht, das einzelne Protagonisten tatsächlich sterben können. Da es sich bei Heavy Rain jedoch kaum um ein Videospiel im klassischen Sinne handelt und sich vor allem in Verbindung mit Sonys Move-Controller die Steuerung sehr intuitiv sowie passend präsentiert, sollten vor allem Spieler, die nach nicht alltäglichen Spielgenres suchen, einen genaueren Blick auf diesen interaktiven Thriller werfen.

Plattform: PS3 (Move Version getestet), Altersfreigabe (PEGI): 18, Spieler: 1, Erscheinungsdatum: 08.10.2010